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13. Juni bis 30. September 2016

Sonderausstellung

Kräuter, Blut und Kruzifix

Alte Volksmedizin aktuell

„Ursprünglich ist alle Medizin Volksmedizin, aus der Not und dem Streben nach heilender Hilfe geboren.“

Paul Diepgen, Arzt und Medizinhistoriker, 1878-1966

 

Krankheiten waren und sind für die Menschen immer eine besondere Herausforderung. Am Anfang jeder Heilkunde stand die Erfahrung, daher berühren sich Volksmedizin und wissenschaftliche Medizin auf der empirisch-rationalen Ebene.

Am Beginn medizinischer Versorgung gab es keine Unterscheidung zwischen „Schul- und Volksmedizin“. Erst mit dem Errichten von Universitäten kam es zu einer gewissen Distanzierung. Es ist das Wesen der Wissenschaft, tiefer in den Kern der Dinge vorzudringen. So mancher Irrtum konnte so identifiziert werden, der bisher als Wahrheit galt. Die Gesellschaft reagiert jedoch meist langsamer und hielt vor allem in früheren Jahrhunderten länger an Überliefertem, Bekanntem, Althergebrachtem fest.

Trotzdem war die Beziehung immer wechselseitig, zwischen Volks- und Schulmedizin kam es zu einem ständigen Austausch. Auch heute, in einer Zeit modernster medizinischer Methoden, lassen sich immer wieder Gemeinsamkeiten erkennen.

In der Volksmedizin versammeln sich ähnlich wie im Volksglauben Lehrmeinungen, Glaubensgrundsätze und überlieferte Denkweisen. Wie alle kulturellen Phänomene unterliegen auch sie einem ständigen Prozess der Veränderung: Werden und Vergehen wechseln einander ab.

Will man verstehen, warum die Menschen früherer Zeit bestimmte Arzneien verabreichten oder Behandlungsmethoden anwendeten, muss der Wissensstand und die Weltanschauung einer bestimmten Zeitspanne miteinbezogen werden. So unterscheidet sich das Verständnis vom Funktionieren des Körpers, die Entstehung und Behandlung von Krankheiten in früheren Jahrhunderten doch beträchtlich von unserem modernen Medizinwissen. Die Erfahrung spielt in der Volksmedizin prinzipiell eine große Rolle. Meist wurden Heilmittel und –praktiken in der Familie oder im engeren Umkreis weitergegeben – es entstanden ganze Volksheilerfamilien. Die Menschen früherer Generationen erlebten zudem die Natur unmittelbarer und fühlten sich ihrer Umgebung verbundener. Dazu kam in früheren Jahrhunderten die starke Verwurzelung religiös-magischen Denkens.

Sind volksmedizinische Methoden nicht empirisch-naturwissenschaftlich erklärbar, so sind sie psychologisch deutbar. Daher steckt immer auch ein gewisser „Sinn“ in vermeintlich unsinnigen, irrationalen Methoden – sie sind „weltanschaulich sinnhaft“ für bestimmte historische und gesellschaftliche Perioden.

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